Was ist eigentlich Kunstflug?

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 Eine allgemeinverständliche Kurzeinführung von unserem Teammitglied Sven Calsbach

 

Stark vereinfacht besteht Kunstflug aus einer Abfolge von Flugfiguren, die in einer definierten Zeit nach festgelegten Regeln möglichst präzise in einem vorgegeben Raum (der sogenannten Box) geflogen werden. Infos dazu wie so häufig bei Wikipedia.

Was wir fliegen:  Der Zettel, die Figuren oder fliegen nach Zahlen:

seuence in cockpit

Kunstflug bedeutet Linien fliegen! Eine Abfolge von senkrechten, waagerechten und um 45 Grad geneigten Linien, die durch Rollen und Kreise (horizontal und vertikal) miteinander verbunden sind. Die Rollen fliegt der Kunstflieger ganz, halb oder geviertelt. Man unterscheidet zwischen gesteuerten, gerissenen und gestossenen Rollen. Rollen und Kreise fliegt man auf den Linien. Sie ermöglichen so die letztlich dreidimensionale Bewegung in der Box. Kreise müssen rund geflogen werden. Ein Looping (vertikaler Vollkreis) verkommt bei starkem Wind schnell zum Osterei oder zur Spirale. Die „Kunst“ besteht darin, alle möglichen Einflüsse zu berücksichtigen und das Programm, so wie aufgemalt, in der Box zu fliegen und die Linien einzuhalten. Klingt einfach, ist es aber nicht.

In den Anfängerklassen fliegt man meist Standardfiguren wie Rollen, Loopings(Überschläge), Auf- und Abschwünge, Turns und Trudeln. Faustregel: Viele Kombinationen ergeben hohe Punktzahlen. Oder andersherum, die hohen Punktzahlen der hohen Klassen führen zu den bestaunten und komplizierten Figuren, die den Zuschauer verblüfft an der Schwerkraft zweifeln lassen.

Darüber hinaus unterscheidet man noch positive und negative Figuren. Bei positiven Figuren wirkt die Schwerkraft bezogen auf den Kopf des Piloten von oben nach unten, d.h. man wir in den Sitz gedrückt und das Blut rauscht in die Beine. Bei negativen Figuren wie zum Beispiel bei Kreisen auf dem Rücken oder sogenannten Außenloopings halten die Gurte den Piloten davon ab, aus dem Flugzeug zu schiessen. Das Blut flließt in den Kopf. Ausschliesslich die höheren Wettbewerbsklassen fliegen negative Figuren. Die Belastung dabei und die schnellen Wechsel der Richtung überfordern Anfänger schlicht und ergreifend.

 seuence

Jede Figur im Detail zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Jeder wird die oben beschrieben Basisfiguren wiedererkennen: Linien, senkrecht, waagerecht, unter 45 Grad, verbunden durch Halb- oder Vollkreise.  Die Pfeile an den Halbkreisen oder an den Linien beschreiben was auf der Linie zu fliegen ist. (nähere Informationen  zu Kunstflugfiguren finden Sie hier)

Wo wir fliegen: Leben in der Box

Letztlich gilt es, in einer vorgegeben Zeit eine Anzahl von Figuren möglichst präzise in einem Würfel mit einer Kantenlänge von 1 km abzufliegen. Die Höhe der Box über dem Boden richtet sich nach der Klasse. Für die Anfänger liegt die Sicherheitsmindesthöhe bei ca. 400 m (1200ft) über dem Boden, die höheren Klassen dürfen gestaffelt tiefer herunter. Wer zu tief fliegt in seiner Klasse wird disqualifiziert. Wie immer beim Fliegen gilt auch hier: Safety first!

 Bild Box

Diese sogenannten Kunstflugbox ist also der Ort des Geschehens. Bei Trainingsflügen steht meist der Trainer mit einem Funkgerät am Rand der Box, um Fehler bei Figuren, dem Programm oder der Positionierung unmittelbar zu kommentieren. (Nähere Informationen zur Kunstflugbox finden Sie hier)

Let’s Dance: Wertungen und Schiedsrichter

Wer einmal einem Kunstflugwettbewerb zugesehen hat, steht vor der Frage: „Wie kann man das, was schön und kompliziert aussieht, überhaupt bewerten? Ganz kurz, es ist fast so wie beim Tanzen.

Nach Klassen eingeteilt fliegen die Teilnehmer von Wettbewerben Ihre Programme und stellen sich der Jury. Mit etwas Abstand zur Box sitzen 5 Schiedsrichter (engl. Jugdes) an einer Linie verteilt mit Ihren Assistenten. Sie beobachten mit Argusaugen die Flugbewegungen aus verschiedenen Winkeln. Jeder Schiedsrichter hat das Programm auf Bewertungsbögen vorliegen. Zu jeder Figur gibt es eine maximale Punktzahl. Jeder Schiedsrichter bewertet einzeln jede Figur. Am Schluss verteilt der Richter noch eine Art Haltungsnote für die Positionierung des Programms in der Box.

 

Am Ende des Tages egalisiert eine international anerkannte Software die Bewertungen der einzelnen Schiedsrichter. Dies hilft, ein möglichst objektives Ergebnis der letztlich subjektiv ermittelten Eindrücke zu erhalten. Die Software stellt sicher, dass keine individuellen Einflüsse oder Vorlieben für „nette“ Piloten das Ergebnis verfälschen. Eine vorsätzliche gute oder sehr schlechte Bewertung wird erkannt und ausgeglichen.

Was wird in einem Wettbewerb geflogen?

Ein Wettbewerb im Motorkunstflug wird meist für den Zeitraum von einer Woche angesetzt. Die Piloten fliegen an maximal vier Wertungstagen. Der erste Tag beginnt mit einem bekannten Programm. Alle Teilnehmer können dieses Programm vorab trainieren und einstudieren.

Je nach Wetterlage folgen an den darauffolgenden Tagen „Unbekannte Programme“. Die Piloten erhalten das neue Programm am Nachmittag oder am Abend des 1. Wertungstages für den darauffolgenden Tag. Der Kunstflieger lernt nun das neue, unbekannte Programm auswendig. Er muss es mental einstudieren. Trainingsflüge sind nicht erlaubt. Die „Kunst“ besteht nun darin, eine unbekannte Figurenkombination vom Blatt abzufliegen; Das Ganze möglichst perfekt, ohne Fehler und auch noch sauber in der Box positioniert. Wer das am besten hinbekommt und die wenigsten Fehler produziert, wird am Ende Tagessieger.

 

Wenn man Ergebnisse von dem „Bekannten“ und den „Unbekannten“ Programmen addiert, ergibt sich eine Ergebnisliste. Wer „oben steht“ hat die meisten Punkte gesammelt und ist Meister seiner Klasse.

In welchen Klassen kann man antreten?

In Deutschland fliegt man aktuell in vier Klassen: Sportsman, Intermediate, Advance und Unlimited.
Die Sportsman- und Intermediate-Klasse sind Anfängern und fortgeschrittenen Anfängern vorbehalten und verstehen sich als Einsteiger- und Nachwuchsklasse.

Die  zu fliegenden Figuren in den Klassen selbst sind Grundfiguren. Die Kombination, die Abfolge und zum Teil die Positionierung von Rollen auf den Linien erschweren die Sache.

Die Advance-Klasse enthält deutlich mehr Figuren und die Figuren selbst bestehen meist aus sehr vielen Einzelelementen. Geflogen werden bis zu 14 komplexe Figuren in einem Programm. Im Gegensatz zu den unteren Klassen werden auch negative Figuren geflogen. Die Kombination aus negativen und positiven Kräften, wie auch die komplexeren Figurenabläufe, fordern Pilot und Flugzeug gleichermaßen heraus.

Die Unlimited-Klasse bleibt in Deutschland nur einer sehr kleinen Gruppe von sehr erfahren Pilotinnen und Piloten vorbehalten, da sie wirklich die höchste körperlichen und technischen Anforderung stellt. (Nähere Informationen zu den einzelnen Kategorien finden Sie hier)